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1. Historischer Rückblick

Mit der Aufnahme des ersten weltweiten Fernseh-Programmdienstes durch die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft am 22.3.1935 in Berlin gab es keine praktikablen Verfahren, die es erlaubten, mit einer elektronischen Kamera erzeugte Bilder bzw. Programme zu speichern, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu senden bzw. zu wiederholen.

Anfänglich war Fernsehen nur live.

Live-Übertragungen waren Trumpf, Konserven elektronischer Programme - wie sie heute an der Tagesordnung sind - waren ein Wunschtraum und ein Kind der Zukunft. Wollte man damals Fernsehsendungen der Nachwelt erhalten, so mußte man - parallel zu den elektronischen Kameras - sich des in der Technik des Kinos praktizierten Filmverfahrens bedienen, d. h. es mußten zusätzlich Filmkameras eingesetzt werden, deren Aufnahmewinkel und Bildausschnitte natürlich nicht mit den gleichzeitig elektronisch erzeugten Bildern deckungsgleich sein konnten.

Speichern auf Film

Die nach dem fotomechanischen Verfahren erzeugten Bildkonserven - Zelluloidfilm und Dias -mußten einem zeitaufwendigen Entwicklungs- und Kopierverfahren unterworfen werden, bevor sie geschnitten werden konnten - heute nennt man dies „cutten"-, um dann über einen elektronischen Filmabtaster in ein Fernsehsignal umgesetzt werden zu können.

Der Zwischenfilmsender

Wesentlich beschleunigt wurde das kinematographische Verfahren durch den von der Fernsch AG 1933 zur Produktionsreife entwickelten Zwischenfilmsender, der auch wegen seines unförmigen Aussehens als „Die Kuh" bezeichnet wurde (Bild 1). Als Aufnahmegerät diente eine simple Filmkamera, an die unmittelbar ein Behältnis angeschlossen war, in dem der Film sofort entwickelt und fixiert wurde und somit nach nur 65 Sekunden - in noch nassem Zustand - von einer Abtasteinrichtung in ein elektronisches, sendefähiges Fernsehsignal umgesetzt werden konnte.

„Die Kuh" (Bild 2) lieferte demnach eine kurzfristig verfügbare, doch kurzlebige Konserve, die mittels der Zwischenfilmtechnik auch einen quasi „Live-Einsatz" von Filmkameras ermöglichte. Aus ökonomischen Gründen jedoch hatte das abgespeicherte Produkt eine nur kurze Lebensdauer. Unmittelbar nach der Abtastung durchlief der Endlosfilm ein Schichtentfernungsgerät, einen Trockenkanal und ein Beschichtungsgerät, um nach ca. 2,5 Minuten wieder für eine erneute Belichtung in der Filmkamera bereit zu sein.

Abgesehen von dieser speziellen Variante mit dem Endlosfilm war das Zwischenfilmverfahren ein wichtiges Mittel für die Erstellung von Fernsehkonserven.

2. Konzeptionelle Vorschläge

Kein geringerer als Paul Nipkow, der seit "seiner" ?? Erfindung des „elektrischen Teleskops" gerne als Vater des Fernsehens apostrophiert wird, hat bereits Ende des 19. Jahrhunderts auf die Möglichkeit der fotografischen Registrierung seiner mit dem elektrischen Teleskop gewonnenen Bilder hingewiesen. Nipkow gedachte als Speichermedium den "photographischen Registrierapparat" für telefonische Übertragung von A. F. St. George zu benutzen. Es blieb bei dem Vorschlag; weder Nipkow noch einer seiner Zeitgenossen haben diesen Gedanken weiterverfolgt.

Das „Telegraphon" von 1898

Valdemar Poulsen, ein dänischer Ingenieur, meldete 1898 sein „Telegraphon" (Bild 3) zum Patent an und legte damit den Grundstein für die magnetische Aufzeichnung von elektronischen Signalen. Poulsens Maschine, die noch sehr primitiv war, bestand aus einer Trommel, auf die Draht von einigen Millimetern Dicke gewickelt war. Als Magnetkopf diente eine Spule mit zwei Kernblechen, die parallel zur Trommel bewegt werden konnte. Bei der Aufzeichnung, d. h. beim Magnetisieren des Drahtes, drückten die Kernbleche von beiden Seiten gegen den Draht, der nicht nur als Tonträger, sondern außerdem aufgrund seiner spiralförmigen Windungen als Antriebsmechanismus für den Kopf diente. Bei der Aufnahme wurde die Spule des Magnetkopfes mit einem Kohlemikrofon verbunden, das bei der Wiedergabe durch einen Kopfhörer ersetzt wurde. (D. A. Snel: Magnetische Tonaufzeichmmg, S. 16.)

30 Jahre Pause

Um die Jahrhundertwende schlug der ostpreußische Hochfrequenztechniker Otto von Bronk - Inhaber eines Patentes für ein Farbbildverfahren - vor, die Trägheit der Selenzelle durch „telegraphonische" bzw. magnetische Bildspeicherung zu überwinden, um somit die Bilder zu jedem beliebigen Zeitpunkt zu reproduzieren. Bis dieser konzeptionelle Vorschlag Bronks weiterverfolgt wurde, vergingen knapp 30 Jahre.

Eine Reihe von namhaften Wissenschaftlern der damaligen Epoche, darunter der Schotte John Logie Baird, dem u. a. 1928 die erste Fernsehübertragung über den Atlantik gelang, oder der Engländer B. Rtcheouloff, befaßten sich - teilweise die unterschiedlichsten Wege gehend - mit dem Gedanken der elektronischen Bildaufzeichnung.

Das Phonoscope - Bilder auf der Wachsplatte

Baird z. B. stellte 1927 erstmals ein Gerät mit der Bezeichnung Phonoscop vor, das die damals noch sehr schwachen Bildsignale - bei einer Auflösung von etwa 1000 Bildpunkten, entsprechend 30 Zeilen, und einer Bildwechselfrequenz von 12,5 Hz - mit mechanischen Mitteln auf eine Wachsplatte preßte; die Signale wurden für die Wiedergabe von der Platte mit einem elektromagnetischen Tonarm abgenommen und mit Hilfe einer Nipkow-Scheibe und einer Glühlampe als Helligkeitsschwankungen wieder sichtbar gemacht.

Zu Anfang war die gleichzeitige Tonaufnahme nur auf einer zweiten Platte möglich, die mit der Bildplatte synchronisiert werden mußte. Zur Jahrzehntwende gelang es dann Baird, Bild und Ton auf zwei getrennten Spuren einer einzelnen Platte zu speichern und wiederzugeben. So rudimentär dieses Verfahren heute anmutet: Für die damalige Qualität in der Übertragung von Fernsehbildern reichte es aus.

Die zeitgenössische populärwissenschaftliche englische Zeitschrift „Armchair Science" sah bereits eine Innovation der Bildplatte, die erst über 45 Jahre später ausgereift war und bis heute, trotz Lasertechnik, keinen großen Markt erobern konnte.

Das Rtcheouloff Patent von 1927

Das erste internationale Patent für ein magnetisches Bildaufzeichnungsverfahren erhielt am 4. Januar 1927 der englische Ingenieur B. Rtcheouloff, wenn auch sein Modell, das nach dem Prinzip des Telegraphons von Poulsen funktionieren und Bild und Ton gleichzeitig auf ein beiderseitig magnetisiertes Stahlband aufzeichnen sollte, nur auf dem Papier existierte.

Mehr Fortune mit der Umsetzung der Poulsenschen Ideen hatte der ungarische Ingenieur Denes von Mihäly, der über eine eigene Firma, die TELEHOR AG (spätere TeKaDe), verfügte. Ihm gelang eine Versuchsanordnung, die eine magnetische Bildkonservierung ermöglichte, die qualitativ den optisch-fotografischen Verfahren überlegen war.

Der frühe 1932er Artikel von Artikel von Dr. Fritz Schroeter

Erstaunlicherweise berichtete Joe Roizen, Ingenieur bei jener Firma, die in die Geschichte der Bildmagnetaufzeichnung eingegangen ist, 1976 im „Broadcast Engineer", er habe erstmals 1932 in einem Artikel von Dr. Fritz Sehroeter, veröffentlicht im „Handbuch der Bildtelegraphie und des Fernsehens", über Vorschläge zur magnetischen Speicherung von Fernsehbildern gehört. Dr. Schroeter war Professor der Technischen Hochschule in Berlin und Direktor bei Telefunken.


S. Zielinski: Zur Geschichte des Videorecorders, S. 58. u. folgende Seiten. Zielinski: Zur Geschichte des Videorecorders. S. 69.

3. Erste Modelle

Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg hatte in Deutschland die Tonbandtechnik ein sehr hohes Niveau erreicht. Dies war vor allem dem in den Forschungslabors von AEG/Telefunken wirkenden Entwicklungsingenieur H. Joachim von Braunmühl zu verdanken, der durch einen Zufall die hochfrequente Vormagnetisierung „entdeckte", die dem Magnetophon mit der Typenbezeichnung K4 zu einem Qualitätsstandard verhalf, der Tonbandaufzeichnungen von einer Live-Sendung kaum unterscheidbar machte.

  • (Anmerkung : Das ist hier doppelt falsch. Dr. Hans Joachim von Braunmühl war als Laborchef bei der Reichspost angestellt und nicht bei der AEG. Und Telefunken hing damals überhaupt nicht mit der AEG zusammen und stellte völlig andere (Fernseh- und Militär-) Produkte her. Weiterhin war auch ein Dr. Walter Weber maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt.)

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1945 - Jack Mullin und die AEG (Ton-) Bandgeräte

Es war der ehemalige Nachrichtenmajor der amerikanischen Armee, Jack Mullin, der im besetzten Deutschland vier K4-Tonbandmaschinen (Anmerkung : Mullin selbst spricht von 2 AEG K4 Geräten) beschlagnahmen ließ und sie in die USA „exportierte".

  • Anmerkung : Von der HF Vormagnetisierung hatte er nach eigenen Angaben nur die Schaltungsunterlagen und baute die beiden AEG K4 in den USA selbst auf HF um.


Zunächst fand Mullin keine Firma, die an der „Nachproduktion" des Magnetophons interessiert gewesen wäre.
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Die kleine Firma AMPEX kommt ins Spiel

Schließlich gelang es dem Ingenieur Harold Lindsay, seinen Chef und Mitbegründer der Firma AMPEX Electric Corporation, den aus Rußland emigrierten Alexander M. Pontiatoff - dessen Initialien der Firma den Namen gaben (das EX stammt von dem englischen Wort excellent, das soviel wie „ausgezeichnet" bedeutet), der später als Synonym für Bildmagnetaufzeichnung zu einem weltweiten Begriff wurde - zu überreden, 1947 die Massenproduktion (sagen wir besser Serienproduktion) von Tonbandgeräten aufzunehmen.

Um jedoch die Tonbandgeräte- Produktion anlaufen lassen zu können, fehlte der damals kleinen Firma Ampex im kalifornischen Redwood City das Geld. Da finanzierte kurzerhand der erste potentielle Kunde, der populäre Entertainer Bing Crosby mit einem Betrag von 50.000 Dollar die Herstellung der ersten Serie.

  • Anmerkung : Das ist leider etwas kreuz und quer durch diese Geschichte vermischt. In den Büchern/Artikeln von Gerhart Göbel und Walter Bruch und den Niederschriften von Jack Mullin ist es korrekt - also anders - recherchiert und dargestellt.

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Die "Bing Crosby Enterprises" 1951

Somit ist es auch nicht verwunderlich, daß die Forschungsabteilung der Bing Crosby Enterprises zielstrebig an dem Versuch arbeitete, die Prinzipien der Tonaufzeichnung auch auf die Speicherung von Fernsehbildern anzuwenden.

Zunächst wurde ein normales Ampex-Tonbandgerät (das waren alles 3 Motoren Studiotonbandgeräte) auf eine für die Bildaufzeichnung erforderliche hohe Laufgeschwindigkeit (damals das 24fache derjenigen des Tonbandes) umgerüstet. Im Ergebnis führte dies zu einer sehr unhandlichen Maschine, die das auf wagenradgroße Spulen gewickelte Magnetband mit hoher Geschwindigkeit an einem feststehenden Magnetkopf vorbeiführte.

Die zu bewegenden großen Spulenmassen konnten nicht mit genügender Präzision beherrscht werden, das Fassungsvermögen der Spulen war selbst für eine angestrebte Kapazität von 15 Minuten zu gering. Es galt demnach, die Bandtransportgeschwindigkeit - unter Beibehaltung der erforderlichen Aufzeichnungsgeschwindigkeit - zu reduzieren und gleichzeitig die Speicherkapazität zu erhöhen.

Wieder taucht der Ingenieur Jack Mullin auf

Jack Mullin, nunmehr Ingenieur bei den Bing-Crosby-Laboratorien, konstruierte eine Maschine mit 12 feststehenden Magnetköpfen - davon 10 für das in Teilabschnitte zerlegte Bildsignal sowie je einen für die Ton- und Synchronsignale - und konnte somit die Bandtransportgeschwindigkeit auf ein erträgliches Maß herabsetzen.

Auf einem Magnetband, das doppelt so breit war wie das Tonband (also 2 x 1/4" = 1/2"), konnte am 2. Oktober 1952 erstmals einem kleinen Kreis möglicher Interessenten eine magnetische Bildaufzeichnung nach dem sogenannten Längsspurverfahren vorgeführt werden (Bild 4).

Doch die erwartete Resonanz war gering, die Störungen bei der Wiederzusammensetzung des gesplitteten Bildsignals waren zu groß. Die Bing-Crosby-Laboratorien hatten ihr Ziel kaum erreicht; um so mehr wuchs der Wunsch und der Bedarf nach praktikablen Bildaufzeichnungssystemen.

Die RCA-Laboratorien (in Princton)

Mit im Rennen auf dem Weg zu einem technisch-wirtschaftlichen Recorder waren in den USA die RCA-Laboratorien (in Princton) mit ihrer Tochterfirma, der „National Broadcasting Corporation" NBC. 1951 appellierte David Sarnoff, der Leiter des Unternehmens, an seine Mitarbeiter, alles daranzusetzen, um rechtzeitig zum 50. Gründungsjubiläum des Konzerns im Jahre 1956 u. a. die Entwicklung eines Gerätes zur Aufzeichnung von schwarzweißen und farbigen Fernsehbildern auf Magnetband abgeschlossen zu haben. Er nannte sein gewünschtes Produkt „Videograph". Sarnoff schloß seinen Appell mit den Worten: „Will you please let me have this ,Videograph' before 1956?"

RCA und der "Videograph" von 1954

Schneller als es Sarnoff forderte, entwickelten die RCA-Ingenieure eine Bild-Magnetaufzeichnungsanlage, die wie die Anlage von Bing Crosby nach dem Längsspurverfahren arbeitete. Die Bandtransportgeschwindigkeit konnte beträchtlich herabgesetzt werden, was einen Bandverbrauch von etwa 6 Metern pro Sekunde zur Folge hatte. Gleichwohl lag die Aufnahmekapazität mit 4 Minuten pro Spule, die immerhin noch einen beachtlichen Durchmesser von 42,5 Zentimtern hatte, weit unterhalb der Zielsetzung von 15 Minuten. Obwohl die Bildqualität sehr bescheiden war, der apparative Aufwand gewaltige Dimensionen aufwies, die Anlage für einen praktischen Einsatz völlig unzureichend war, war die erste Präsentation im Jahre 1954 äußerst spektakulär. Es war die Farbtüchtigkeit, die die Mängel der Anlage in den Hintergrund treten ließ.

Es ging sogar schon in Farbe - aber bescheiden

Zur Aufzeichnung der Farbsignale, die in ihre Grundkomponenten Rot, Grün und Blau zerlegt wurden, verwendete man ein 12,7mm breites Magnetband (1/2 Zoll), das an feststehenden Magnetköpfen entlang geführt wurde, so daß bei der Farbaufzeichnung das Band aus fünf parallellaufenden Teilspuren bestand.

RCA konzentrierte sich ganz darauf, eine farbtüchtige Bildmagnetaufzeichnungsanlage auf den Markt zu bringen und vernachlässigte dabei die praktische Handhabbarkeit des Gerätes.
(S. Zielinski: Zur Geschichte des Videorecorders, S. 78.)

Eine Schlüsselfigur : Charles Ginsburg

Im Spätjahr 1951 bewarb sich ein Elektronik-Ingenieur bei der kleinen Firma Ampex in dem kalifornischen Kleinstädtchen Redwood City um Anstellung. Ampex, bekannt durch die Herstellung von professionellen Tonbandgeräten, war im Begriff, sich mit der Entwicklung von datenverarbeitenden Systemen zu befassen und hatte zunächst keinen Bedarf an weiteren Mitarbeitern. Doch wenige Wochen nach der Absage erhielt der Bewerber Charles Ginsburg, späterer Inhaber des EMMY, eines von der „Academy of Television Arts and Science" verliehenen Preises, eine Anstellung bei Ampex.

Die Idee mit dem rotierenden Magnetkopf

1952 setzte die Firmenleitung einen Preis von 14.500$ für denjenigen aus, dem es gelingen sollte, einen rotierenden Magnetkopf für ein Bandaufzeichnungsgerät zu entwickeln, mit dessen Hilfe es möglich sein müßte, die hohe relative Kopf-zu-Band-Geschwindigkeit, wie sie für Bildaufzeichnungen benötigt wird, zu realisieren.

Der zweite im Team : der junge Ray Dolby

Ginsburg, zum Projektleiter für magnetische Bildaufzeichnung avanciert, engagierte für sein „Ein-Mann-Labor" als Assistenten den jungen graduierten Studenten Ray Dolby. Dolby - heute nicht nur den Tonband-Fans ein Begriff für das mit seinem Namen weltweit bekanntgewordene Dolby- Rauschunterdrückungssystem - machte es sich, während er sein Studium nachts fortsetzte, zusammen mit Ginsburg zur Aufgabe, dem großen Problem der magnetischen Bildaufzeichnung, der hohen relativen Aufzeichnungsgeschwindigkeit, zu Leibe zu rücken.

Ginsburgs Zwei-Mann-Team versuchte mit einem 2 Zoll (also etwa 5cm) breiten Magnetband und - gemäß Auftrag - mit einer rotierenden Trommel, auf der Magnetköpfe eingelassen waren, das Grundproblem der Aufzeichnungsgeschwindigkeit zu lösen.

Dabei sollte das Magnetband relativ langsam an der mit hoher Geschwindigkeit rotierenden Kopfscheibe vorbeigeführt werden, während das Bildsignal quer zur Laufrichtung, in Segmente unterteilt, auf das Band aufgebracht werden sollte.

Als Bandtransportgeschwindigkeit wurden zunächst 30ips (76,2cm/s) angestrebt, während die relative Kopf-zu-Band-Geschwindigkeit etwa 1270cm/s betragen sollte.

Ampex mehrfach am Rande der Existens

Das Projekt schien unter keinem guten Stern zu stehen: Ampex konnte bei einem Jahresumsatz von nur 3,5 Mio. $ keine großen Sprünge machen; die Arbeiten mußten einigemale - wegen anderweitiger Aufgaben - unterbrochen werden; Dolby wurde 1953 zur Armee eingezogen, unterstützte jedoch noch nebenher als „moonlight engineer" den Projektleiter Ginsburg: Ginsburg selbst arbeitete freiwillig und unentgeltlich außerhalb der Arbeitszeiten nachts und am Wochenende.

  • Anmerkung : In anderen englischen Publikationen wird das viel drastischer geschrieben. Die kleine Firma Ampex hatte es sehr schwer, den eigenen Amerikanern diese deutsche Tonbandtechnik schmackhaft zu machen und so waren die Anfänge extrem schwer. Ähnlich wie die bereits recht großen Flugzeugwerke Boeing bei der Entwicklung der 747 schrammte Ampex mehrfach am Rande des amerikanischen Konkurses (Chapter 11) entlang.

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1954 - ein weiterer Vordenker - Charles Anderson

Glücklicherweise stieß im Sommer 1954 der Ingenieur Charles Anderson zu Ginsburgs Rumpftruppe. Trotz alledem wagte es die Projektgruppe, im Sommer 1954 dem Management der Firma den ersten rotierenden Kopf vorzuführen. Das Bild war nicht gut und völlig instabil, aber die Demonstration beflügelte den Enthusiasmus der Ampex-Leitung, das Projekt fortzusetzen. Neue Geldmittel wurden bewilligt, das Team wurde auf sechs Mann erweitert und die Entwicklung einer magnetischen Bildaufzeichnungsanlage mit rotierenden Köpfen erhielt die höchste Priorität.

Neben Ginsburg, Anderson und Dolby, der den Militärdienst beendet hatte, gehörten nunmehr noch Fred Pfost, Shelby Henderson und Alex Maxey der Crew an (Bild 5).

So langsam gewann das Bild an Qualität

Nach und nach wurden die Probleme gelöst und ein praktikables Aufzeichnungssystem kam der Realisierung immer näher. So konnte z. B. eine gekrümmte Bandkonfiguration entwickelt werden, die dem Signal über die gesamte Breite des Magnetbandes zu einer gleichbleibenden Qualität verhalf. Innerhalb eines Jahres gelang es, das bislang amplitudenmodulierte Videosignal als frequenzmoduliertes Signal in immer besser werdender Qualität aufzuzeichnen.

Alle Wettbewerber arbeiteten im Verborgenen

Wenn auch die Anstrengungen der kleinen Firma Ampex kaum registriert wurden, propagierten einige der großen Firmen wie RCA, General Electric und die Bing Crosby Enterprises lautstark ihre Entwicklungsfortschritte. Jedesmal, wenn RCA wieder eine entsprechende Verlautbarung verkündete, hielt man bei Ampex den Atem an.

  • Anmerkung : Der Wettbewerb um das Markt-Monopol einer solchen als wegweisend erkannten Technik war gnadenlos, damals schon, nicht erst seit den NSA Enthüllungen von Snowden.


Sechs Wochen vor der schicksalhaften Entscheidung führte die Firmenleitung den Repräsentanten einiger Fernsehstationen ihre Anlage vor. Ampex war zu diesem Zeitpunkt überzeugt, daß ihr Produkt den Konkurrenzentwicklungen überlegen war (Bild 6) und eine öffentliche Präsentation gewagt werden könnte. Mit den Managern der CBS wurde vereinbart, am Vortag einer großen US Broadcast Tagung im Conrad-Hilton-Hotel in Chicago den Schleier von der Ampex-Entwicklung mit der Bezeichnung VRX-1000, die zu diesem Zweck in MARK IV umgetauft wurde, zu lüften.
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Der 14. April 1956 - ein Schicksalstag

Am Morgen des 14. April 1956 war es dann soweit: Wie bei derartigen Veranstaltungen (es war die jährliche NAB Konferenz) üblich, wurde das Bild des Redners mittels einer elektronischen Kamera auf die im Saal aufgestellten Monitore übertragen. Unbemerkt von den Teilnehmern zeichnete die in einem Nebenraum aufgestellte Ampex-Maschine das ganze Geschehen auf. Während einer Vortragspause gab der Präsident der CBS das verabredete Zeichen, Pfost drückte auf den Wiedergabeknopf und auf den Monitoren in der Konferenzhalle des Hilton-Hotels erschien in ausgezeichneter Qualität die gerade beendete Szene.

Ginsburg erinnerte sich später: „At first there was just silence. Everyone was watching precisely what had happened minutes before, but at first they just couldn't believe it. We wondered if something had gone wrong. There must have been two or three minutes of excruciating silence, and then all hell broke loose. They were holling and screaming and jumping out of their seats."  *3
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Endlich konnte AMPEX die Katze aus dem Sack lassen

Am folgenden Tag wurde die Mark-IV-Maschine in der Empfangshalle des Hotels aufgebaut. Trauben von Menschen umlagerten die Anlage. Innerhalb vier Wochen konnte Ampex Aufträge in Höhe von 4,5 Mio. $ verbuchen - in einer Zeit, in der der gesamte Jahresumsatz gerade bei 18 Mio. $ lag. Die Wall Street zeigte an dem Höhenflug von Ampex Interesse.

Dies war die Geburtsstunde des Ampex-Recorders: das erste kommerzielle Bildaufzeichnungsgerät, das nach dem Querspurverfahren mit vier rotierenden Magnetköpfen 45 Programm-Minuten auf einem 2-Zoll-Magnetband, aufgewickelt auf einer Spule mit nur 63,5 cm Durchmesser, bei einer Bandgeschwindigkeit von 39 cm/s aufzeichnen und wiedergeben konnte.
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Am 30. November 1956 um 18.15 Uhr

Für die Öffentlichkeit war es dann am 30. November 1956 um 18.15 Uhr soweit, als die Fernsehstation CBS die erste Fernsehsendung, die Nachrichtensendung „Douglas Edwards and the News", vom Magnetband für die Fernsehzuschauer übertrug.

*6 The Ampex Story. Chapter Five. Verfasser (angeblich) nicht bekannt. Veröffentlicht in dem Magazin "AMPEX MONITOR" 1969/70. (Professional Produktion 4/87, S. 18.)
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US $ 75.000 war damals sehr sehr viel Geld

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  • Wir sind im Amerika von 1956 und der Preis war mit Sicherheit rein vertriebspolitisch angesetzt und nicht ernsthaft kalkuliert. Zu der Zeit kostete  ein Ami-Prachtschlitten, ein legendärer Cadillac - ein für uns Deutsche völlig unerreichbarer Traum - etwa 5000 US $.

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Der Preis für eine handgefertigte Maschine betrug (Anmerkung : anfänglich) 75.000 $. Etwa ein Jahr nach der spektakulären Markteinführung des Prototyps startete Ampex die Serienproduktion des Typs VR-1000. (Anmerkung : und die kostete dann 100.000 US $).
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Heulen und Zähneklappern bei den anderen

Während in den Laboratorien der Bing Crosby Enterprises die Entwicklungsarbeiten an dem Zwölf-Spur-System eingestellt wurden, unternahm RCA noch einmal einen Versuch, das eigene System - das im Gegensatz zur Ampex-Entwicklung bereits farbtüchtig war - auf den Markt zu bringen. Doch RCA kapitulierte und gab am 14. Oktober 1956 zusammen mit Ampex bekannt, daß sie ihre Patente, wie Farbaufzeichnung, rotierende Köpfe und FM-Aufzeichnung, ausgetauscht und in einen gemeinsamen Pool eingebracht haben.

  • Anmerkung : Das war von der US Regierung eingefädelt worden, andere Quellen sprechen sogar von einer strikten Anordnung der US-Wettbewerbsbehörde.

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Nun ging es Schlag auf Schlag

In den folgenden Jahren machte die Entwicklung gewaltige Fortschritte. Ampex und RCA vervollkommneten ihre überwiegend noch mit Röhren bestückten Produkte

(Anmerkung : Das stimmt so nicht ganz. RCA kam (nur in Europa ?) gleich mit einer transistorisierten Version, der TR 22 auf den Markt und Ampex zog sehr mühsam nach - nach eine Schilderung von Tom Marjanovic, unseremMr. Ampex hier in Deustchland, der vorher bei RCA angestellt war) und schufen Zubehör-Equipment, das zu immer besserer Bildreproduktion führte.

Modifizierte Typen, wie VR-1000B und VR-1000C bei Ampex oder TR-70 und TR-71 bei RCA, folgten den Maschinen der ersten Stunde. 1958 konnte auch Ampex die Farbtüchtigkeit (für die amerikanische Farbnorm NTSC) seiner Maschinen vermelden.

1961 stellte RCA mit der Type TR-22 die erste volltransistorisierte Anlage vor, der 1962 Ampex mit einer sehr preiswerten Version {VR-1100. ca. 36000 $) folgte. Letztere, wenn ausgerüstet mit allen Accessoires, hat viele Jahre als VR-1200 und VR-2000 den Markt beherrscht.

Charles Coleman aus Chicago

Ein Name, der eng mit der Geschichte von Ampex verbunden ist, sei noch erwähnt. Charles Coleman, damals noch Ingenieur bei einer Rundfunkstation in Chicago, entwickelte ein Gerät, das er COLETEC nannte und mit dessen Hilfe die störenden Zeit- und- Geometriefehler bei der Wiedergabe von Magnetaufzeichnungen kompensiert werden konnten. Coleman schloß sich dem Ampex-Team an und führte dort seine Erfindung unter dem Namen AMTEC zu großem Erfolg. Wenige Monate nach der Einführung der AMTEC gelang Coleman mit der für Farbwiedergabe unverzichtbaren COLORTEC der zweite große Wurf.

Eine stolze Zahl, aber woher ?

Weltweit wurden bis heute über 10.000 Vier-Kopf- Querspur- Magnetaufzeichnungsanlagen - sogenannte Quadruplex-Maschinen - ausgeliefert.

Außerhalb der USA arbeiteten in jener Zeit noch Toshiba in Japan, die BBC in Großbritannien und in der Bundesrepublik Deutschland der Ingenieur E. Schüller, der ein Patent für Schrägspuraufzeichnung besaß, bei Telefunken an der Entwicklung von Bildmagnetaufzeichnungsanlagen. Keiner dieser Arbeiten war jedoch zum Zeitpunkt der Markteroberung durch Ampex ein nennenswerter Erfolg beschieden.

  • Anmerkung : Auch bei Loewe Opta wurde an einer 2" Maschine gearbeítet, mit dem Schrägspurkopf und auch bei Grundig Elecctronic wurden Versuche gemacht. Doch alle diese 2" Maschinen hatten nie richtig funktioniert.

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Dieser Artikel stammt aus Juli 1988

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