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Aus der Funkschau 1983 Heft Nr. 17
"100 Jahre Ton- und Bildspeicherung"
Artikel Nr. 68 (von 72)

von Prof. Dr. hc. Walter Bruch in 1982
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Die Mikrokassette

Waren die 4,75cm/s Bandgeschwindigkeit bei der CC das Ende? Nein, es gibt heute Geräte, die schon mit der halben Geschwindigkeit arbeiten können. Eine Entzerrungskurve, wie sie auch für den Ton bei Video 2000 benutzt wird (2,44cm/s, xp=159us), ist in Bild 137 mit eingezeichnet.
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Bild 145

Es gibt auch noch die Mikrokassette. In ihrer Ursprungs- ausführung von Philips als „Minikassette" (Bild 145) nur für ein Diktiergerät bestimmt, hatte sie keinen Durchbruch für eine Tonwelle (Capstan).
Das von der Aufwickelspule gezogene Band hatte am Anfang eine langsamere Geschwindigkeit als bei vollem Wickel am Ende. 2 x 15 Minuten Spieldauer bei 2,4 cm/s mittlerer Bandgeschwindigkeit waren ihre Daten.
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Nur noch 2,4cm/s

Unter dem Namen „Mikrokassette" hat sie jetzt einen Tonwellenantrieb. Mit Halbspur erreicht man bei 2,4cm/s gute Taschenrundfunk- empfängerqualität in Mono. In neuesten Ausführungen kann man mit diesem Winzling vierspurig Stereo in ausreichend guter Musikqualität wiedergeben (2 x 30 Minuten). Ein Kleingerät beim Verfasser, umschaltbar auf 1,2cm/s, hat es erlaubt, schon manche Rede vom Rundfunk in ausreichender Qualität aufzunehmen. Heute gibt es auch schon bespielte Mikrokassetten in Stereo, und bald werden sie ins Auto Eingang finden.

Ein miniaturisiertes Aufnahmegerät mit der Mikrokassette und eingebauten Mikrofonen kann fast in HiFi - oder schon in HiFi? - und in Stereo 30 Minuten pausenlos aufnehmen.

Ein Vergleich mit 1943 - ein Kriegsberichterstatter erzählt

Was haben da seinerzeit die Kriegsberichter mit ihren schweren Kisten geleistet? Während des zweiten Weltkrieges las der Verfasser irgendwo einen Bericht, den (Anmerkung: der spätere) Prof. Karl Holzamer über seinen ersten Einsatz mit einem Tonbandgerät im Flugzeug schrieb. Es war 1943, und die Kiste war der Tonschreiber Cäsar. Mit einer Spule konnte er nur 11 Minuten aufnehmen.

So erzählt das auch der ehemalige Kriegsberichterstatter Schmidt-Scheeder in seinem Buch „Reporter der Hölle" [82]:

  • "Rundfunkberichter haben die Geräuschkulisse des Krieges auf primitiven Wachsplatten mitgeschnitten, bis endlich Leutnant Dr. Karl Holzamer die ersten transportablen Magnetofongeräte erproben konnte. Von harten Einsatzflügen, die bis über die ,Flakfestung' Moskau führten, brachte Leutnant Holzamer Berichte mit, die im mörderischen Abwehrfeuer der Sperrzonen entstanden waren und die es in solcher Eindringlichkeit bisher nicht gegeben hatte."

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Hunderte von Millionen bespielter Musikkassetten

Das AGFA CC Erbe aus 2010

Hunderte von Millionen bespielter Musikkassetten haben sich die Welt erobert. Ihre Herstellung mußte dem Preßvorgang der Schallplatte Konkurrenz machen. So kopiert man z. B. bei der Polygram in Hannover mit 32facher Geschwindigkeit. Dabei geht man von einem 6,25mm oder 12,50mm breiten Mutterband aus, aufgenommen mit der Normalgeschwindigkeit von 19,05cm/s, das dann mit 6,096m/s laufen muß. Es läuft wegen der hohen Geschwindigkeit in einer Art Endloskassette, einer Schleifenkassette (links in Bild 146). Aus der auf dem Mutterband ursprünglich aufgezeichneten Frequenz von 16 kHz wird dann eine von 512 kHz.
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Bild 146. Kopiererei für Musikkassetten: Vom Mutterband (in einer Endlosschleife) wird mit 32facher Geschwindigkeit kopiert
Bild 147. Konfektionieren: In den Loader-Automaten wird das bespielte Band in die vorgefertigten Kassetten gespult

Vom Mutterband, „Master" genannt, werden gleichzeitig 16 Tochterbänder beschrieben, „Sklaven" genannt. Ihnen wird im Schnellgang jeweils die Bespielung für 16 CC geliefert. Am Ende von jedem der hintereinandergereihten CC-Programme wird ein Zeichen für die automatische Erkennung der Schnittstelle aufgesprochen.

Ein 60-Minuten-Band wird so, da beide Laufrichtungen gleichzeitig bespielt werden (eine rückwärts), mit dem erforderlichen Zwischenraum in etwa einer Minute kopiert. Bei 16 Sklaven kommt man so umgerechnet pro Kassette auf 4 Sekunden. (Auch mit 64facher Geschwindigkeit arbeitet man schon.)

Das Füllen der Kassetten, das Konfektionieren, ist ebenfalls automatisiert (Bild 147). Zu beachten wäre noch, daß beim Schnellkopieren nicht nur die Frequenzen umgesetzt werden müssen, auch die Zeitkonstanten müssen entsprechend angepaßt werden.

Die 100 millionste Kassette feierte man im November 1982 im Werk dieses einen großen Herstellers (Polygram). Aber auch die anderen sind mit ihren Zahlen dabei. Dabei ist aber auch die GEMA mit ihren Gebühren. Bald muß auch für Leerkassetten eine Abgabe gezahlt werden, unabhängig davon, ob dann Jodler, Rock, Karajan oder nur ein Diktat darauf aufgenommen wird.
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