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Heft 2 • Mai 1966 • 3. Jahrgang
TONBANDAMATEUR UND DAS URHEBERRECHT (aus dem Jahr 1966 !!)

Seit 1.Januar 1966 ist das durch den Bundestag im vergangenen Jahr verabschiedete neue Urheberrecht in Kraft getreten. Neben drei Gesetzen, die sich mit internationalen Übereinkommen befassen, wurde ein Gesetz verabschiedet, das sich ausschließlich mit den Verwertungsgesellschaften befaßt.

Interessant und für die Arbeit des Tonbandamateurs wichtig ist dabei das „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte".

Wir haben daher den Geschäftsführenden Vorsitzenden des RING DER TONBANDFREUNDE, Heinz Runge, bekannt auch als Präsident der Föderation Internationale des Chasseurs du Son, gebeten, im folgenden Beitrag die wichtigsten Passagen dieses Paragraphen und seine Folgen zu erläutern. Red.

Heinz Runge erläutert das neue Urheberrecht

Am 1. Januar 1966 traten die verschiedenen Gesetze des neuen Urheberrechtes in Kraft, die der Bundestag am 25. Mai 1965 verabschiedet hatte. Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages sowie sein Unterausschuß „Urheberrecht" hatten große Mühe, einen möglichst umfassenden Gesetzestext dem Bundestag zu seiner zweiten und dritten Lesung vorzulegen.

Die Fragen, die durch Urteile der verschiedenen Gerichte und durch die Stellungnahme der Urhebervertreter aufgeworfen wurden, waren so vielschichtiger Natur, daß nur die klare Fassung eines Gesetzestextes der Verwirrung ein Ende bereiten konnte.

Neben drei Gesetzen, die sich mit internationalen Übereinkommen befassen, wurde ein Gesetz verabschiedet, das sich ausschließlich mit den Verwertungsgesellschaften befaßt. Von primärem Interesse für den Tonbandamateur ist jedoch das „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte".

Aus diesem Gesetz soll hier der wichtigste Paragraph näher erläutert werden.

Zunächst der Gesetzestext selbst: § 53 UhG
Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch

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  • 1. Zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum persönlichen Gebrauch herzustellen.
  • 2. Der zur Vervielfältigung Befugte darf die Vervielfältigungsstücke auch durch einen anderen herstellen lassen; doch gilt dies für die Übertragung von Werken auf Bild- oder Tonträger und die Vervielfältigung von Werken der bildenden Künste nur, wenn es unentgeltlich geschieht.
  • 3. Die Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden.
  • 4. Die Aufnahme öffentlicher Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen eines Werkes auf Bild- oder Tonträger, die Ausführung von Plänen und Entwürfen zu Werken der bildenden Künste und der Nachbau eines Werkes der Baukunst sind stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig.
  • 5. Ist nach der Art eines Werkes zu erwarten, daß es durch Aufnahme von Funksendungen auf Bild- oder Tonträger oder durch Übertragung von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen zum persönlichen Gebrauch vervielfältigt wird, so hat der Urheber des Werkes gegen den Hersteller von Geräten, die zur Vornahme solcher Vervielfältigungen geeignet sind, einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für die durch die Veräußerung des Gerätes geschaffene Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen.

  • Sind die Geräte nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes hergestellt, so haftet neben dem Hersteller als Gesamtschuldner, wer die Geräte in dieses Gebiet gewerblich einführt oder wiedereinführt. Der Anspruch entfällt, soweit nach den Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, daß die Geräte zur Vornahme der genannten Vervielfältigungen nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes benutzt werden. Der Anspruch kann nur durch eine Verwertungs-Gesellschaft geltend gemacht werden.

  • Als Vergütung steht jedem Berechtigten ein angemessener Anteil an dem vom Hersteller aus der Veräußerung der Geräte erzielten Erlös zu; die Summe der Vergütungsansprüche aller Berechtigten, einschließlich der Berechtigten nach §§ 94, 95 Abs. 3 und § 104 Abs. 4, darf fünf vom Hundert dieses Veräußerungserlöses nicht übersteigen.

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Der Kommentar zu diesem Paragraphen ( aus 1966 !!!!)

Soweit der Wortlaut des hier interessierenden Paragraphen. Der Gesetzgeber hat also sehr genau festgelegt, daß eine Tonaufnahme (Übertragung von Werken auf Bild- oder Tonträger) nur dem persönlichen Gebrauch dienen darf. Das gilt natürlich auch für den Fall, wenn ein Tonbandamateur einen anderen bittet, die Tonaufnahme eines Werkes für ihn herzustellen.

Ausgenommen von dieser Regelung sind selbstverständlich urheberrechtsfreie Werke. Erfolgt die Tonaufnahme nicht unentgeltlich, muß der Amateur mit dem Urheberrechtsvertreter einen entsprechenden Vertrag abschließen.

Verbreitung und öffentliche Wiedergabe

Der Absatz 3 des oben zitierten Gesetzesparagraphen legt fest, daß eine Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe unzulässig ist, wenn nicht eine entsprechende Vereinbarung mit dem Urheberrechtsvertreter getroffen wurde. Hier ist es wichtig, die Begriffe „Verbreitung" und „öffentliche Wiedergabe" etwas näher zu erläutern.

„Verbreitung" und „öffentliche Wiedergabe"

Eine Verbreitung ist, die Originaltonaufnahmen oder deren Kopien der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen (§ 17, Abs. 1).

Die Wiedergabe eines Werkes ist dann „öffentlich", wenn sie für eine Mehrzahl von Personen bestimmt ist, die nicht abgegrenzt und nicht durch gegenseitige Beziehungen oder durch Beziehungen zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden sind.

Dieser Paragraph besagt eindeutig, daß z. B. ein Tonbandbrief, der an einen bekannten Tonbandpartner gerichtet ist, keine Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe ist. Dazu gehört natürlich auch die Versendung von Tonbandbriefen an einen Kreis von bekannten Empfängern (Rundbandkreis).

Auch die gemeinsame Mitgliedschaft in einem Verband, z. B. im RING DER TONBANDFREUNDE, und somit die Anerkennung der Richtlinien des RDT, genügt, um die Forderung des Gesetzgebers zu erfüllen, da die Mitglieder im RDT durch Beziehung zum Veranstalter persönlich untereinander verbunden sind.

Als „Veranstalter" gilt hier der RDT, da er den persönlichen Tonbandaustausch als den Hauptzweck seines Verbandes sieht und mit Hilfe seiner Einrichtungen fördert.

Ein Erwerbszweck bzw. eine zu bezahlende Kopie ist ausgeschlossen

Selbstverständlich kann eine Tonaufnahme von Werken auch zum „eigenen Gebrauch" in Gestalt einer beruflichen oder wissenschaftlichen Nutzung verwendet werden, aber nur, wenn kein Erwerbszweck vorliegt.

Letztlich besagt die logische Umkehrung des § 145, Abs. 2, daß Vervielfältigungen in dem oben beschriebenen Rahmen auch von früher gemachten Tonaufnahmen zulässig sind.

Die Einwilligung des Berechtigten einholen

Der Absatz 4 des Gesetzestextes (§ 53) legt fest, daß jeder Tonbandamateur, der Tonaufnahmen im Konzert- und Vortragssaal machen möchte, vor Beginn der Tonaufnahme die Einwilligung des Berechtigten einholen muß. Dazu gehören neben dem Urheber selbst oder dessen Rechtsvertreter auch die Interpreten, Redner usw.
Urhebervergütung

Über Entgelte und Vergütungen

Der oben zitierte Paragraph macht im Absatz 5 eine Aussage über die zu zahlende Vergütung an den Urheber oder dessen Rechtsvertreter. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß der Hersteller eines Tonbandgerätes dem Erwerber die Nutzungsmöglichkeit der privaten Werküberspielung zur Verfügung stellt.

Dabei wurde vom Bundestag die Meinung vertreten, daß es unwahrscheinlich sei, daß ein für die private Tonbandüberspielung eingerichtetes Gerät während seiner ganzen Nutzungsdauer niemals dieser Eignung entsprechend eingesetzt wird. Die Urhebervergütung (5% vom Herstellerabgabepreis) sollte somit den
Gegenwert der Nutzungsmöglichkeit der privaten Überspielung darstellen.

Die Verwertungsgesellschaften (Urheberrechsvertreter) haben sich zur Wahrung ihrer Rechte in der „Zentralstelle für private Überspielrechte" (ZPÜ) zusammengeschlossen und treten dem Hersteller als alleiniger Anspruchsberechtigter gegenüber. Daß zu der ZPÜ auch die „Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten" (GVL) gehört, bedeutet für den Tonbandamateur, daß unter Beachtung der zuvor genannten Einschränkungen auch die Tonaufnahme von Schallplatten abgegolten wird, da die GVL die Rechte der ausübenden Künstler und Schallplattenhersteller vertritt.

Die im Gesetzestext (Abs. 5) genannten 5% vom Herstellerveräußerungserlös muß nun jeder Käufer eines Tonbandgerätes zuzüglich zum Gerätekaufpreis bezahlen. Dieser Betrag muß auf der Rechnung gesondert ausgeworfen sein.

Höhe der Vergütung

Sicher wird noch zwischen Herstellern und Verwertungsgesellschaften ein heißer Kampf um die Höhe der zu zahlenden Vergütung entbrennen. Dazu kommt die Frage, wieviel Geräte für den Export gefertigt werden und somit nicht unter das neue Urhebergesetz fallen, und wieviel für den inländischen Markt bestimmte Geräte mit Wahrscheinlichkeit nicht zu den genannten Vervielfältigungen benutzt werden (z. B. für Wissenschaft und Forschung).

Hier gleichbleibende Stückzahlen festzulegen, ist völlig unmöglich, denn die Exportquote ist zu keiner Zeit stabil, sondern ständigen Schwankungen unterworfen. Für den Tonbandamateur aber ist die Höhe der zu zahlenden Vergütung von besonderem Interesse, denn es können sich erhebliche Verteuerungen beim Kauf eines Gerätes einstellen.

Wie aber soll die Höhe der Vergütung festgelegt werden? Man übersieht sehr leicht, daß das eigentliche Tonbandgerät ja noch mit allerlei „Extras" versehen ist, die, ebenso wie der Koffer oder das Gehäuse, Geld kosten. Der „Herstellerabgabepreis" schließt aber alle Teile des Gerätes ein, also auch der „Extras" und das Gehäuse.

Nun werden ja weder Bundestag noch Urhebervertreter behaupten wollen, daß z. B. das Gehäuse eines Tonbandgerätes eine Voraussetzung für die Tonaufnahme von Werken sei. Ebensowenig wird man die Behauptung aufstellen können, daß ein Tonbandgerät mit versilberten Bedienungsknöpfen besser für „Aufnahmen von Werken auf Tonträger" geeignet sei als eines mit Bedienungsknöpfen aus Kunststoff. Die Frage ist: Auf welcher Basis soll die Vergütung errechnet werden?

Ich meine: Es wäre schon mehr als eine Zumutung, wenn als Grundlage der Gesamtpreis eines Gerätes dienen soll, denn dann würde der Verbraucher, der ein Tonbandgerät mit versilberten Bedienungselementen ersteht, indirekt eine höhere Vergütung mit dem Kaufpreis zahlen als der Käufer, der ein Gerät mit einfachen Kunststoffknöpfen ersteht. Das hat aber nicht mehr das geringste mit dem „Urheberrecht" zu tun, sondern wäre reine Geldschneiderei.

Wie ist das mit ausländischen Tonbandgeräten

Ein anderer Punkt ist die „gewerbliche Einfuhr" oder „Wiedereinfuhr" von Geräten in das Bundesgebiet. Ein Tonbandamateur, der sich durch einen anderen Tonbandfreund, z. B. in Frankreich, ein Tonbandgerät beschaffen läßt, ohne dieses Gerät weiter zu veräußern, begeht keine gewerbsmäßige Einfuhr.

Somit trifft für ihn auch nicht die Forderung des Gesetzgebers zu, eine angemessene Vergütung an die Verwertungsgesellschaften zu zahlen, wenn er nur Tonaufnahmen zum persönlichen oder eigenen Gebrauch mit diesem Gerät herstellt und wenn die Verwertungsgesellschaften keinen Anspruch auf Zahlung erheben.

Wenn auch Zoll- und Frachtkosten für den Weg aus dem Ausland fast ebensoviel ausmachen, wie die zu erwartende Erhöhung durch die zu zahlende Vergütung seitens der Hersteller für Geräte auf dem deutschen Markt, bleibt es trotzdem eine Lücke dieses Gesetzes, denn hier geht es nicht um die Kostenhöhe eines Tonbandgerätes, sondern um das Urheberrecht.

Dieses Gesetz, das am 1.Januar 1966 in Kraft getreten ist, läßt durchaus einige wichtige Fragen offen, wie z. B. die gewerbliche Einfuhr oder „Wiedereinfuhr" von Tonbandgeräten in das Bundesgebiet. Darüber hinaus erfährt man, daß schon jetzt Bestrebungen im Gange sind, die im Gesetzestext festgelegten 5% Urhebererlös (§ 53 Abs. 5) zu erhöhen.

Die Inkraftsetzung des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte am 1.Januar 1966 hat selbstverständlich alle bisher abgeschlossenen Verträge zwischen der ZPÜ und den Tonbandamateuren für Tonaufnahmen zum persönlichen oder eigenen Gebrauch ungültig werden lassen, da das neue Bundesgesetz weitergehend ist und jede bis zum 31. 12. 1965 geltende Regelung außer Kraft gesetzt hat.

Nachdem diese neue Regelung ihre Rechtskraft erlangt hat, ist jedem Tonbandgerätebesitzer anzuraten, sich genauestens nach diesem Gesetz zu verhalten, wenn er eine Zivilklage vermeiden will. Obwohl dieses Gesetz nicht den ungeteilten Beifall der Tonbandamateure findet, wird durch das Inkrafttreten des neuen Urheberrechtsgesetzes die bisherige Rechtsunsicherheit beendet. Das allein schon wird der Arbeit der Tonbandamateure neuen Auftrieb geben.

H. R. im Frühjahr 1966

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